Eine Ausstellung der Fotografin Herlinde Koelbl
An einem Wintertag, eisig kalt und im ersten Morgenlicht, fotografierte ich vor dreißig Jahren mein erstes „target“: eine zerschossene, durchlöcherte Blechfigur, die in Ackerfurchen stand. Dieses Bild wurde nie veröffentlicht, doch es setzte sich in meinem Gedächtnis fest. Als ein Symbol für Gewalt und Tod.
Herlinde Koelbl, Im kalten Morgenlicht
Damit beginnt die Fotografin, Dokumentarfilmerin und Autorin Herlinde Koelbl ihren Essay zu einem Projekt, das sie „targets“ nannte. Rund um die Welt fotografierte sie die Schießziele von Soldaten, die lernen, so effizient wie möglich zu töten, Leben mit einem Schuss auszulöschen. Zerfetzte Pappkameraden, blecherne Köpfe, Plastikkörper. Kein Gaming, sondern Übung für den Ernstfall. Generalprobe für den Krieg. Menschenfiguren als Schießziele. Die Ausstellung zeigt das Gegenüber als bedrohliches Objekt in Menschengestalt, dem jede Individualität genommen ist, wie auch die Gleichförmigkeit den uniformierten Soldat:innen die Fülle ihrer Persönlichkeit entzieht. Dabei werten Fotos nicht, sondern verdichten Bild für Bild eindrucksvoll.
Herlinde Koelbl wirft damit viele Fragen auf: etwa nach dem Verhältnis von Macht und Ohnmacht. Nach Ethik und Moral menschlichen Handelns angesichts des Tötens. Nach einem Töten, um Leben zu retten, das eigene und das anderer. Nach dem Wert eines Menschenlebens, gegeben von Gott in seiner individuellen Besonderheit. Auch dies spiegelt sich in der Ausstellung in vielen Portraits, die einem die Individualität, Würde und Kostbarkeit des geschenkten Lebens nahebringen. Tod und Leben eben.
Wilhelm Warning
Ausstellungsdauer:
Mittwoch, 26. April 2023,
bis Donnerstag, 30. November 2023
Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag 9.00–17.00 Uhr (außer an Feiertagen)
Der Zugang zur Ausstellung erfolgt über die Mandlstraße 23.
Eintritt frei
Herlinde Koelbl zählt zu den renommiertesten deutschen Fotografinnen und Dokumentarfilmerinnen mit zahlreichen Ausstellungen in Deutschland, Australien, Japan, Schweden und in den USA. Ihre Bilder sind weltweit in den wichtigsten Sammlungen vertreten.
Foto: Herlinde Koelbl / © Johannes Rodach