Unsere Welt ist die beste aller möglichen – die These des großen Barockphilosophen Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) erschien schon zu dessen Lebzeiten befremdlich, ja lächerlich, erst recht nach dem Erdbeben von Lissabon 1755. Denn um sich ihr denkerisch nähern zu können, muss man zunächst das philosophische Prinzip des „zureichenden Grundes“ akzeptieren, dass nämlich jedes kontingente Ereignis bis ins letzte Detail durch Vernunftgründe bestimmt sei, und daher grundsätzlich rational erklärbar. Darauf basiert dann auch der Gottesbeweis von Leibniz: Wenn ich ein innerweltliches Ereignis durch ein anderes innerweltliches begründen will, so ist damit sein eigentlicher und letzter Ursprung nicht erreicht; denn eine Letztbegründung kann nur in einem außerweltlichen Wesen liegen, das absolut notwendig seinen Grund in sich selbst hat. Dies aber ist Gott.
Konträr zur Annahme eines allmächtigen, allwissenden, unbedingt guten Gottes steht natürlich die konkrete Erfahrung des Übels als des Widervernünftigen, zumal des sittlich Bösen. Deshalb versucht die Leibniz‘sche Theodizee, das Böse insofern zu rechtfertigen, dass sie es im Sinne eines Kontrasts als integrierenden Bestandteil des insgesamt Bestmöglichen versteht – zu dem allerdings sei Gott moralisch verpflichtet. Hierdurch gelingt Leibniz eine Modifikation der Pflichtethik, die Kants Rigorismus überlegen ist. Verschlungene Denkwege, die aber gerade deshalb zu neuem Mitdenken anregen. Unter dem Titel "Lässt sich die Welt restlos vernünftig erklären? - Zum 300. Todestag von Gottfried Wilhelm Leibniz" referiert Prof. Dr. Michael-Thomas Liske, Professor für Philosophie an der Universität Passau.