Joseph Roths Hiob-Roman

Hans Otto Horch

Das alttestamentliche Buch Ijob zeigt das Urbild eines Weisen, Gerechten und Frommen. Unverschuldet, vom Satan inszeniert und von Gott zugelassen, verliert er nacheinander seinen Reichtum, seine Söhne und seine Gesundheit. Das Leiden des Gerechten, die uralte Menschheitsfrage, hat in dieser Schrift Gestalt gewonnen; sie gilt als ein Hauptwerk der Menschheitsliteratur. Wie kann der gerechte Gott es zulassen, dass guten Menschen fundamental Böses widerfährt?
Nach dem Prosaauftakt der beiden ersten Kapitel werden in den folgenden, literarisch wie theologisch faszinierend durchgearbeiteten Dialogen mögliche Antworten auf die Frage nach dem Sinn des Leides durchgespielt, aber letztlich alle verworfen. Nach den großen Schlussreden Jahwes anerkennt Ijob die Unbegreiflichkeit seines Schöpfers und findet gerade dadurch zu Ergebung, Trost und sogar neu gelingendem Leben.
Zu Beginn der diesjährigen Karwoche soll bei den „Biblischen Tagen“ der Kern der theologischen Botschaft des Buches Ijob ebenso aufgezeigt werden wie die Vielfalt von deren Deutungen in Literatur, Musik oder bildender Kunst. Solche Besinnung kann wohl vertieft hinführen zum Gedächtnis des „Leidenden Gottesknechts“ und dessen Annahme durch den Vater in der Auferstehung. Die Feier der „Heiligen Drei Tage“ eröffnet den christlichen Horizont über dem Rufen des Ijob nach seinem Gott.
Prof. Dr. Hans Otto Horch, Professor für deutsch-jüdische Literaturgeschichte an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, referierte über das Thema „Joseph Roths ‚Hiob‘-Roman im Kontext deutschjüdischer Literaturgeschichte des 20. Jahrhunderts“.