Die Geschichte der Terrororganisation „Islamischer Staat“ ist schon viele Male erzählt worden. Deswegen werde ich mich hier auf ein knappes Gerüst beschränken: von den Anfängen im nördlichen Irak noch in der Zeit starker US-amerikanischer Militärpräsenz in diesem Raum über die Ausdehnung auf Syrien zu einem Zeitpunkt, da das dortige Assad-Regime nicht mehr in der Lage war, das gesamte Staatsgebiet unter seiner Kontrolle zu halten, eingeschlossen die verschiedenen Um- und Neubenennungen der Organisation bis zur gegenwärtigen Lage, da der IS an allen Fronten in die Defensive gedrängt ist und im Begriff steht, immer mehr der von ihm eroberten und zeitweilig kontrollierten Gebiete zu verlieren. Aber auch eine Niederlage des IS in der Levante wird nicht, wie dies bei herkömmlichen Formen der Kriegführung der Fall wäre, zum Ende des IS führen, sondern er wird sich in eine Netzwerkorganisation zurückverwandeln, um andernorts neue territoriale Verwurzelungen zu suchen. Libyen ist zurzeit dafür der naheliegende Kandidat. Das alles ist weithin bekannt und muss nicht noch einmal im Detail ausgebreitet werden.
Statt dessen werde ich mich auf die Konturierung des IS gegen al-Qaida konzentrieren, um Differenzen in der Struktur, der Strategie und den Zielen dieser beiden Terrororganisationen herauszuarbeiten, die zur größten Herausforderung „des Westens“ seit dem Ende des Kalten Kriegs geworden sind. Das wird freilich nicht möglich sein ohne einen Blick auf einige Spezifika unserer eigenen Gesellschaften, als deren wichtigste ich deren postheroischen Charakter herausstellen will.